Schulischer Personalmangel – zum Diskurs über den Lehrkräftemangel in Schulen
Eine große Herausforderung für viele Schulen ist der aktuelle Personalmangel. Es fehlen v.a. Lehrkräfte, aber auch anderes pädagogisches Fachpersonal. Das Thema stellt mittlerweile die Schulen und auch die Bildungspolitik vor große Herausforderungen.
Diese aktuell herausfordernde Situation an Schulen hat das Institut für Bildungsmangement und Bildungsökonomie der Pädagogischen Hochschule Zug zum Anlass genommen, Problemlagen, Hauptursachen und Lösungsansätze in einem Überblick zum Diskurs zusammenzutragen.
Problemlage in den Regionen der DACH-Länder (Deutschland, Österreich, Schweiz)
Der Lehrkräftemangel zeigt sich in Deutschland, Österreich und der Schweiz, auch wenn es nationale und regionale Unterschiede gibt. Er ist kein überraschend eingetretenes Thema – in der Vergangenheit gab es immer wieder knappe Personalressourcen an den Schulen. Auch aus Bedarfsprognosen ist schon länger bekannt gewesen, dass es zu einem neuerlichen Lehrkräftemangel kommen würde. Die Bildungspolitik und die Schulen reagieren in dieser „Notsituation“ des Lehrkräftemangels mit Maßnahmen, von denen viele allerdings nur als „mangelhafte Improvisationen“ bezeichnet werden können. Hierzu zählen zum Beispiel die Erhöhung der Unterrichtsstunden durch Überstunden, welche die Lehrer*innen ableisten müssen, die Erhöhung der Klassengrößen und die Nicht-Genehmigung von Sabbaticals. Der Einsatz von Quer- und Seiteneinsteigern ist mittlerweile an etlichen Schulen gängige und notwendige Praxis geworden. Dieses Verfahren ist jedoch kritisch zu hinterfragen, da es den meisten Quer- und Seiteneinsteigern an pädagogischen Kenntnissen fehlt.
Ursachen und Lösungsansätze: Diskussionsforum mit DACH-Expert*innen anlässlich der WELS Online Konferenz 2022
Im Rahmen des World Education Leadership Symposiums 2022 wurden in einem Diskussionsforum mit Wissenschaftlern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, Vertretern von Lehrer*innen-Verbänden, Schulleitungen und mit Lehrerinnen und Lehrern Gründe und Lösungsansätze des Lehrkräftemangels diskutiert.
Unter der Leitung von Prof. Dr. Stephan Huber diskutierten Prof. Dr. Katharina Soukup-Altrichter von der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich, Prof. Dr. Anita Sandmeier von der Pädagogischen Hochschule Schwyz, Prof. Dr. Wolfgang Böttcher von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverband e.V. mit interessierten Teilnehmenden am WELS.
Fakt ist: Vor allem während des Referendariats und während der ersten Berufsjahre ist eine erhöhte Abbrecherquote unter (angehenden) Lehrkräften festzustellen, die unter anderem einem Realitätsschock zugeschrieben wird. Hier könnte – so die Diskussion im Forum – eine Erhöhung des Praxisanteils im Lehramtsstudium entgegenwirken. Mehrere Diskutanten sprachen sich allerdings dafür aus, dass in den ersten Studienjahren nicht der Praxisanteil, sondern das fachliche Studium im Vordergrund stehen sollte.
Es wurde berichtet, dass es viele Kündigungen von Lehrkräften aufgrund der beruflichen Belastung gebe, Mindestpensen können daher nicht die Lösung sein, um dem Lehrkräftemangel entgegenzutreten. Es wurde ein kontinuierliches Monitoring der Fluktuationsraten und -gründe der Lehrkräfte gefordert. Als falsch wurde außerdem die Annahme entkräftet, dass es in der Schweiz bei Lehrkräften eine höhere Fluktuation gebe als in anderen Berufen, die sei nur zu Beginn und zum Ende der Berufslaufbahn der Fall.
Die Erhöhung der Löhne und Gehälter der Lehrkräfte wurde als weniger sinnvolle Maßnahme gegen den Lehrkräftemangel betrachtet, da die Löhne der Lehrkräfte bereits relativ hoch seien und zudem noch mehr Lehrkräfte dazu veranlassen könnte, in Teilzeit zu arbeiten. Auch wurde diskutiert, ob Schulunterricht nicht mehr in Fächern, sondern in breiter aufgestellten Domänen/Modulen organisiert werden sollte. Als sehr sinnvoll wurde die Bindung von Praktikant*innen und Referendar*innen durch Mentoring-Projekte thematisiert. Zudem wurde empfohlen, die Nachwuchsgewinnung schon an den Schulen zu beginnen und gezielt Schüler*innen anzusprechen. Auch die Arbeits(platz)bedingungen, Lehrer*innenbildung, die gesellschaftliche Wertschätzung der Lehrer*innen und die Schulentwicklung wurden als wichtige Ansatzpunkte für Verbesserungen identifiziert.
Kontrovers diskutiert wurden schließlich die Ansätze, dass Lehrkräfte an weiterführenden, großen Schulen nur eines statt zwei Fächer unterrichten sollen und ob die Lehrer*innen-Ausbildung als duales Lehramtsstudium gestaltet werden sollte. Drüber hinaus wurde betont, dass es nicht eine einfache Lösung gebe, die den Lehrkräftemangel auflösen kann, es brauche systemische Lösungen und ein Umdenken des Systems Schule.
Der Diskurs im Überblick: Fachbeitrag im Web-Journal #schuleverantworten
Ein Artikel zu dem Thema ist im Web-Journal #schuleverantworten, Ausgabe 3/2022, erschienen. Der von Stephan Huber und Larissa Lusnig verfasste Artikel gibt einen Überblick zu den Problemlagen und Hauptursachen des Personalmangels in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Dazu gehören vor allem die Pensionierungswellen, der starke Zuwachs an Schüler*innen, teilweise schwierige Arbeitssituationen der Lehrer*innen, hohe Abbrecherquoten in den ersten Berufsjahren und vermehrte Teilzeitarbeit. Es werden ausgewählte kurzfristige und nachhaltige Lösungsansätze skizziert, wie zum Beispiel die Verbesserung der Arbeitssituationen von Lehrer*innen, um den Beruf attraktiver zu gestalten (Berufswahl), und die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Personen im Lehrerberuf verbleiben (Berufsverbleib). Darüber hinaus werden verschiedene weitere Lösungsansätze diskutiert, dazu zählen zum Beispiel der Ausbau von multiprofessionellen Teams oder auch radikalere Ansätze der Reorganisation von Schule, besonders unter der Perspektive des digitalen Wandels und der Lehr-Lern-Forschung mit einer anderen Gestaltung und Rhythmisierung des Schultags weg vom Klassen- und Unterrichtsstundensystem mit einem festen Zeittakt.
Und?
Und natürlich müsste noch mehr diskutiert werden. Was fällt Ihnen zu diesem aktuellen Themenkomplex ein? Schreiben Sie uns unter Personalmangel@EduLead.net, wir freuen uns auf Ihre Beiträge.
Der schulische Personalmangel in Österreich, Deutschland und der Schweiz hat weitreichende Folgen, für die Schüler*innen, die Mitarbeiter*innen an den Schulen und auch für die Lehramtsstudent*innen, wie eine Studie aus Österreich zeigt. Die Bedarfsprognosen sehen für die nächsten zehn Jahre keine Verbesserung der Situation, teilweise eher eine Verschlechterung. Es sind also alle Akteure gefragt, Maßnahmen zu ergreifen, um diese stellenweise Notsituation so gut wie möglich abzufedern.
Der im Web-Journal #schuleverantworten, Ausgabe 1/2023, von Stephan Huber, Christoph Helm und Larissa Lusnig verfasste Artikel stellt kurz-, mittel- und langfristige Lösungsansätze zur Abfederung des Personalmangels für die Bildungspolitik, die Schulaufsicht, die Hochschulen und die Schulen selbst vor, idealerweise gebündelt und strategisch abgestimmt als konzertierte Aktion, bei der alle Akteur*innen Verantwortung tragen.
WELSfocus 2023
Schulischer Personalmangel in Deutschland, Österreich und der Schweiz
Lösungsansätze und Empfehlungen
Am 15. März 2023 fanden sich 300 engagierte Expert*innen aus Schulen, Bildungswissenschaft, Schulaufsicht und Bildungsverwaltung, Politik, Verbänden u.v.m. in Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammen, um bei dem WELSfocus über die Problemlagen und Lösungsansätze zum schulischen Personalmangel zu diskutieren (WELS.EduLead.net). In den Gesprächsrunden und Vorträgen wurden ebenso vorübergehende und schnell umsetzbare, mittel- und längerfristige bzw. nachhaltige Handlungsoptionen diskutiert, sowie die zugrundeliegenden Umstände, die zum aktuellen Personalmangel führ(t)en, beleuchtet.
Es gilt die verschiedenen Ursachen für den Personalmangel differenziert zu betrachten. Nur im Bewusstsein der vielfältigen Gründe können gleichzeitig nachhaltige wie kurzfristig wirksame Lösungen entwickelt werden. Neben einem Lehrkräftemangel, der auf zu wenige Lehramtsabsolvent*innen bei steigenden Schüler*innenzahlen zurückzuführen ist, tragen ebenso die hohen Abbruchraten während des Referendariats, vorzeitige Renteneinstiege, eine Zunahme an Berufsausfällen aufgrund von Belastungssyndromen und vermehrte Arbeit in Teilzeitanstellungen zu dem herausfordernden Personalmangel im Bildungssystem bei. Die Aufstockung an Professuren, um mehr Lehramtsanwärter*innen ausbilden zu können, ist eine Lösung, die langfristig angelegt ist, aber die Bedarfe, die jetzt bestehen, nicht taxieren kann.
Die nachfolgende systematisierte Übersicht zu Empfehlungen gegen den Lehrkräftemangel gibt die Vielfalt der Anregungen der Expertinnen und Experten wieder, die sich zum Thema schulischer Personalmangel auf dem WELSfocus eingebracht haben.
Folgende Handlungsebenen und -felder wurden identifiziert:
Ebene Politik und Schulaufsicht
Anreize und Bindung durch Gehalt, Karriereperspektiven, Wertschätzung.
- Gesellschaftliche Wertschätzung und den sozialen Status des Berufs fördern
- Bildung in das gesamtgesellschaftliche Bewusstsein zurückholen und Verantwortung aller reflektieren
- Teilpensen der Lehrer*innen im Einverständnis vorübergehend aufstocken
- Pensionierte Lehrer*innen zurückgewinnen, einbinden und nach letzter Gehaltseinstufung entlohnen
- Höhere Einstiegslöhne, Lohnerhöhungen, steuerfreie Vergütung von Überstunden und gleiche Bezahlung für alle Lehrämter
- Zulagen für Lehre unter schwierigen Bedingungen (z.B. für Personal an Brennpunktschulen)
- Bedarfsorientierte Budgetierung der Schulen: Personalschlüssel und Budgetrahmen für Schulen (besonders solche in herausfordernden Lagen) anpassen
- Gleiche Vergütung in allen Bundesländern, da unterschiedliche Vergütungen i (z.B. in Thüringen und Bayern) zu Abwanderungen in Gebiete mit besserer Bezahlung führen
- Attraktive Karriereperspektiven im Schulsystem und Entwicklungsmöglichkeiten für den Lehrberuf etablieren
- Gehaltsmodalitäten für Quereinsteiger*innen attraktiver gestalten
- Ausgebildete Lehrkräfte aus dem Ausland unbürokratisch einsetzen – mit fairen Löhnen und Perspektiven
- Übergang von Universität zu Referendariat automatisiert und fließend gestalten
- Arbeitsplatzsicherung für alle – Einstellungen vereinfachen
- Erweiterungen der Schulgebäude, viele Schulen haben mit Platzproblemen zu kämpfen
Unterstützung und Stärkung des Personals durch Weiterbildung, Entwicklungsangebote, Kooperation.
- Empfehlung und Erstellung übersichtlicher und geprüfter Wissenspools mit Lösungsansätzen für aktuelle Herausforderungen von Lehrkräften
- Schulbegleitung bzw. Einzelfallhilfe an allen Schulformen ermöglichen
- Weiterbildungspflicht für Lehrpersonen, um Sicherheit und Unterstützung im Umgang mit Krisen und stets neuen Herausforderungen (KI, Digitalisierung, Flucht, BNE) seitens Verwaltung und Politik zu symbolisieren und zu bieten
- Verpflichtende Nutzung bereits verfügbarer Angebote und Bildungslandschaften (z.B. Medien-Pädagogische-Zentren in Sachsen)
- Räume schaffen für Schulentwicklung durch extern angeleitete Team- und Unterrichtsentwicklung
- Multiprofessionalität durch diverse Berufsfelder, die sich im Schulalltag einbringen, Bildungslandschaften etablieren und mit den nötigen finanziellen Ressourcen fördern
- Schulen vernetzen für den Austausch von Methoden und Wissen
Entlastung durch mutige Verantwortungsübernahme, Entscheidungsfreudigkeit und Zusatzangebote.
- Schnellere Entscheidungen und mutige Verantwortungsübernahme in Politik und Verwaltung
- Standards für digitale Bildungskonzepte
- Bürokratische Agilität
- Schulleitung als geteilte Position mit zwei gleichwertigen Verantwortungsbereichen neu definieren: Verwaltungsleitung (Buchhaltung, Administration) und pädagogische Leitung (Personal, Pädagogik)
- Zusätzliches nicht-unterrichtendes pädagogisches Personal (z.B. für Elternarbeit)
- Zusätzliches administratives Personal Stellen bzw. Stunden für Mentoring von Praktikant*innen und Referendar*innen zur Verfügung stellen
- Referendariatsplatz am Wunschort und Abbau der bürokratischen Hürden und Langwierigkeit der Referendariatsbewerbung
Innovation durch moderne Curricula, Gebäude und Skalierung alternativer Schulkonzepte.
- Ausgleich Schularten: Bestimmte Schularten sollten mehr Funktionsstellen erhalten (z.B. Gymnasium – Gemeinschaftsschule)
- Nachhaltige Förderung und Skalierung von alternativen, innovativen und neuen Schulkonzepten (vgl. Marille-Schule Berlin, 4. Aachener Gesamtschule, Laborschule Bielefeld, Offene Schule Köln, Evangelische Schule Berlin, Alemannenschule Wutöschingen)
- Lehrpläne an die Anforderungen der Gesellschaft und Arbeitswelt anpassen und den (zeitlichen) Druck vom pädagogischen Personal nehmen, bestimmte Inhalte zu vermitteln, die für die Schüler*innen wenig Relevanz aufweisen
- Reduktion des Basisunterrichts und Stärkung nonformaler Bildung
- Zeitgemäße Ausstattung von Schulgebäuden und Klassenräumen – Schulträger in die Pflicht nehmen
Ebene Hochschulen
Dequalifizierungsprozesse aufgrund des akuten Lehrpersonenmangels stoppen – Krise als Innovationsmotor nutzen.
- Quer- und Seiteneinstieg umbauen – Schüler*innen von den vielseitigen Kompetenzen von (fortgebildeten) Personen aus anderen Berufsfeldern profitieren lassen
- Quereinstieg als berufsbegleitende vollwertige Ausbildung anbieten
- Dem schlechtem Image des Quereinstiegs konkret durch Qualitätsstandards und Mentoring begegnen
Studienbeginn vereinfachen durch neue Finanzierungsoptionen, Zulassungsbedingungen und konkretes Anwerben.
- Finanzielle und ideelle Förderung mit bspw. Stipendien für Lehramtsanwärter*innen
- Duales Studium – Vertrag mit sofortiger Bezahlung
- Studierende bewerben sich bei einer Schule, haben dort eine Mentorperson und studieren berufsbegleitend, dadurch entfällt die belastungsreiche Zeit des Referendariats
- Angemessenes Werben für den Lehrberuf durch Zusammenarbeit mit Schulen und Abschlussjahrgängen
- Änderung der Zulassungsbedingungen bei gleichzeitiger Sicherstellung der Qualität
- Auswahl angehender Lehrpersonen nicht an Numerus Clausus und Noten binden (vgl. z.B. Recruiting von Teach First Deutschland)
Abbruchquoten mindern und Berufseinstieg erleichtern durch begleitete Praxis und Reflexion.
- Eignungstests der Studienbewerber*innen vor Studienbeginn, um hohe Abbruchquote zu minimieren
- Mentoring und Begleitung von angehenden Lehrpersonen und Berufsanfänger*innen
- Verstärkter Praxisbezug durch Kooperationen und durchgehende/regelmäßige Präsenz in Schulen während der Semester
- Beratungs- und Reflexionsangebote
- Entlastung der Referendar*innen: Entzerrung des Referendariats
- Auseinandersetzung mit der Frage: „Inwieweit ist der längerfristige Einsatz studentischer Vertretungskräfte (wie er derzeit z.B. in Österreich organisiert ist) unter Gesichtspunkten der Unterrichtsqualität und der pädagogischen Verantwortung zu rechtfertigen?»
Anpassung der Lehrinhalte an die An- und Herausforderungen der modernen Gesellschaft.
- Ausbildung in Bereichen wie Elternarbeit und Digitalisierung, bewusste Bildung der eigenen Lehridentität und Erweiterung der sozial-emotionalen und interkulturellen Kompetenzen
- Ausbildung von Schulleitungen vor Übernahme des Amtes
- Lernbegleiter*innen statt Lehrkräfte ausbilden
- Sensibilisierung der Lehramtsstudierenden für Bildungsarmut
Ebene Einzelschulen
Praktiker*innen stärken und entlasten durch systematische Kooperation.
- Stärkeres Teammanagement/Teambuilding: weg vom Einzelgängertum hin zu mehr Team und gegenseitiger Wertschätzung –> dafür Zeit (Stundendeputat) einräumen!
- Mehr Kooperation im Kollegium und im Ganztag
- Unterstützung in der Schule durch multiprofessionelle Teams (an beruflichen Schulen gibt es z.B. kaum Psycholog*nnen oder Schulbegleitung)
- Lehrpersonen von Aufgaben, die nicht die direkte Bildung betreffen, entlasten (z.B. Statistiken führen, Aufsichten, Materialien beschaffen, Schulverwaltungsarbeit)
- In der Zusammenarbeit mit Elternvertretern Eltern stärker einbinden: Einladen und Durchführen der Klassenelternversammlung, Schulelternrat, eigenständiges Agieren der Elternvertreter und -vertreterinnen im schulischen Kontext verankern, akzeptieren und zulassen
- Außerschulische Organisationen (z.B. Vereine, Gemeinden…) einbinden
Schule als lernende Organisation (Laloux) verstehen: Der Schulentwicklung die entsprechende Bedeutung beimessen.
- Mehr Schulentwicklungsmöglichkeiten ausschöpfen: Evaluationen, Teamentwicklung, eigenständige Arbeitsteams
- Zusammenarbeit mit Eltern (-vertretern) intensivieren, gemeinsames Entwickeln und Gestalten von Schulentwicklungskonzepten
- Schule nicht in Klassen und Fächern organisieren, sondern altersübergreifende und ganzheitliche Lernräume schaffen
- Anders mit dem bestehenden Personal arbeiten – Auflösung der 45-Minuten Einheiten
- Nutzen digitaler Tools zur Veränderung der Schul- und Unterrichtsstruktur mit Sicherung der Bildungsqualität (vgl. z.B. tumo.org)
Personalgewinnung und -entwicklung als essenzielle, kontinuierliche Aufgabe verstehen.
- Personalgewinnungsstrategien auf Schulebene entwickeln
- Personalgewinnung und Personalbonding als gemeinsame Aufgabe eines Teams (unterstützt durch Maßnahmen wie Kooperationszeit o.ä.)
- Bei Schüler*innen der Oberstufe für den Lehrberuf werben
- Personalentwicklungskonzepte erstellen
- On-Boarding-Methoden für neue Kolleg*innen und Quereinsteiger*innen etablieren
- Einbindung verschiedener Lehrpersonen und Qualifizierungsstufen durch Mentor*innen und Teams, wie professionelle Lerngemeinschaften
- Klare Definition der Arbeitszeit und Abgrenzung zu Freizeit – Entgrenzung der Arbeit eindämmen
- Arbeitszeitkonto (jetzt Mehrarbeit für eine spätere Kompensation)
- Bonus für Lehrpersonen, die eine überdurchschnittlich hohe Anzahl Weiterbildungsstunden vorweisen können
- Perspektiven im Rahmen eines Diversity Managements schaffen
- Positive Feedback-Kultur stärken
- Nur ein Unterrichtsfach statt zwei Fächer für Lehrer*innen
Schulleitungspersönlichkeiten ausbilden, die partizipativ führen und die Autonomie sowie die Entwicklung ihrer Schule anstreben.
- Moderne Leitungsmodelle (agil, partizipativ, soziokratisch oder gar holokratisch) (siehe Offene Schule Köln)
- Zugewandter Führungsstil
- Kompetenzorientierte / werteorientierte Leitungsformen, die sinnstiftendes Co-Konstruieren ermöglichen
- Mehr Leitungsförderung von Menschen, die nicht herkömmliche (funktions-, patriarchal- und hierarchieorientierte) Leitungsformen unterstützen
- Diverse Leitungsteams implementieren
- Professionelles Führungskräftecoaching von Expert*innen
- Schulautonomie einfordern und nutzen
- Entlastung schaffen, wenn immer mehr zusätzliche Aufgaben der Schulentwicklung hinzukommen, v.a. Entlastung der Schulleitungen durch qualifizierte Verwaltungsunterstützung
- Outsourcen von Aufgaben an die Schulträger
- Befähigung zu Personalmanagement stärken: Wissen um Weiterbildungen, dem Kollegium Angebote eröffnen
Unterrichten als Begleitung beim Lernen verstehen – Schüler*innen zur Selbstständigkeit erziehen.
- Ausbau und Förderung von Creative Thinking (z.B. European Parents Association)
- Aufbau eines Online-Angebotes zu den Standardlerninhalten, um Selbstlernmöglichkeiten zu bieten durch z.B.: Massive Open Online Course (MOOCs)
- verstärkter Einsatz von Online-Unterricht bzw. Distance Learning, Hybridunterricht
- vorhandene Möglichkeiten nutzen: digitale Schulbücher, Videounterricht für Kinder, die nicht in Präsenz am Unterricht teilnehmen können
- Prüfungskultur verändern
- Reduktion der ‚Testeritis‘ und Prüfungsvorgaben und dafür Diagnostik der Lernstände (wo benötigt professionell) mit anschließender Förderung und Evaluation
- Outsourcing von Korrekturen; Personen anstellen, die Korrekturen von Klassenarbeiten durchführen oder dabei unterstützen, z.B. Studierende
- Stundenplan der Schüler*innen reduzieren (optimierte Lehrpläne)
- Umstrukturierung des Schulalltags à la ‚Freiday‘ (4 Tage Schule, 1 Tag Projekttag: https://frei-day.org/)
- Echte „Kompetenzpläne“ – keine „Stoffverteilungspläne“ mehr
- Mehr selbstorganisiertes Lernen der Schüler*innen, Unterricht in Modulen/Domänen statt in Fächern
- Selbstständiges und selbstgesteuertes Lernen von Schüler*innen ermöglichen und fordern
- Lernförderliche Kommunikation im Unterricht stärken
- Orientierung an für die Kinder und Jugendlichen relevanten Inhalten und Kompetenzen mit Blick auf die Berufliche Anschlussfähigkeit
- Projektorientiertes Arbeiten, geöffnete Unterrichtsformen, moderne Bildungsinhalte orientiert an BNE
- Klassenübergreifendes/jahrgangsübergreifendes Lernen
- Projektbasiertes und individuelles Lernen fördern, sodass Lerngruppen anders zusammengesetzt werden können
- Unterschiedliche Klassengrößen ausbauen: mehr Kleingruppen und Lernen in Klassenverbünden
- Notfalls Klassengrößen zeitweilig erhöhen
- Orientierung an der modernen Lernforschung
- Reduzierter Basisunterricht vormittags, non-formale Lernangebote (Projekte, AGs) nachmittags – unterstützt durch ein Tutorensystem (erfahrene Schüler*innen)
- Vorbereitung des Unterrichts in Jahrgangsteams und mit Online-Plattformen
- Verlässliches Team-Teaching
- Lehrer*innen als Lernbegleiter*innen: beratend unterstützen, ohne unbedingt Fachlehrer*in sein zu müssen
- Diversitätssensibel und privilegienbewusst unterrichten
Kurzum: Schule als attraktiven Arbeitsplatz gestalten.
- Unterstützung in den ersten Berufsjahren im Quereinstieg (z.B. durch Mentoring)
- Teamzeiten etablieren
- positives zwischenmenschliches Klima am Arbeitsplatz schaffen
- betriebliche Kinderbetreuung direkt an den Schulen
- Work-Life-Balance fördern
- Identität mit der eigenen Schule fördern
- Betriebliches Gesundheitsmanagement
- Lärmschutzkonzepte etablieren
- Schul-Arbeitsplätze für jede Lehrerin und jeden Lehrer einrichten
- Ruheräume für Lehrer*innen schaffen
- Renovierungen und neue Schulbau- oder Schulraumkonzepte realisieren (vgl. Rosan Bosch)
- Lehrpersonal von verwaltungstechnischen Tätigkeiten befreien
Schulentwicklung, Professionsentwicklung und Unterrichtsentwicklung müssen immer in ihrer Konnektivität gedacht werden. Von hektischem Handeln, um dem Personalmangel zu begegnen, ist abzusehen. Ein mutiges und verantwortungsvolles, aber auch schnelles und bedachtes Handeln und Innovieren sind jedoch dringend nötig. Ein Blick auf Erfahrungen im internationalen Kontext könnte zudem wertvolle Impulse geben.